01 Dagobert: Ich bin zu jung
Indie-Schlager.
Na ja, beim ZDF-Fernsehgarten wurde der junge Herr auch gesichtet und Andrea
Kiewel machte nicht den Eindruck, als nähme sie da ein ironisches
Indie-Augenzwinkern wahr. Nichtsdestotrotz: der Text, die Intonation, das
entsprechende Video dazu und die ohrwurmartige Michael-Holm-Musik sind ein
großer Spaß und machen Dagobert zu meinem One-Hit-Wonder des Jahres.
02 When
Saints Go Machine: Iodine
Weitaus
nachhaltiger ist natürlich die komplexe elektronische Musik dieser Dänen.
Markant der Falsett-Gesang, den man entweder liebt oder… eben nicht. Immer mal
wieder gelingt den Herren auch ein echter Hit. Nach “Kelly“ anno 2011 war es
dieses Jahr dieser hier.
03 Balthazar:
The Oldest Of Your Sisters
Ach,
erwähnte ich schon, dass ich sie schon vor Jahren als Vorband von dEUS sah und
dass sie dort den alten Hasen doch glatt die Show stahlen? Schon 2012 wurde mit
einem zweiten Album nachgelegt, das mir erst in diesem Jahr so richtig zu Bewusstsein
kam. Ein Glanzlicht dabei dieser Song. Unverschämt eingängig, und doch mit
Ecken und Kanten.
04 Intergalactic Lovers: Delay
Unverschämt
eingängig auch dies hier. Nach Balthazar noch eine junge, belgische Band mit
hohem Sympathiefaktor und einer Sängerin, deren Stimme ich ja zum
dahinschmelzen finde. Und ihr eckiges Rumgetanze auf der Bühne ist auch echt
süß.
05 Arthur Beatrice: Carter (Cut)
Womit wir
bei einer der Bands des Jahres 2014 wären. Ja, 2014, denn dann wird endlich ihr
Album erscheinen, für das sich die Briten erfreulich viel Zeit genommen haben.
Erstmals auf dem Maifeldderby im Mai wahrgenommen, gab es über die letzten
Monate immer mal wieder ein Häppchen, das Lust auf mehr macht. Eleganter kann
Popmusik nicht sein und der Schmelzvorgang geht bei dieser Stimme noch weiter.
06 Local Natives: Ceilings
Musikalisch
der Höhepunkt des diesjährigen Phonopop-Festivals. Noch mehr schöne Musik, hier
von einer Band, die tatsächlich noch Alben produziert, die wie aus einem Guss
wirken. Keine leichte Auswahl also, aber “Ceilings“ vermittelt die Leichtigkeit
und Luftigkeit und das Gefühl des Sommerabends, an dem ich die Band hören
durfte, am besten.
07 Toy: Motoring
Etwas
handfester geht es bei Toy zur Sache. Live sogar massiv handfester. Haare und
epischen Gitarrenkrach habe ich in Erinnerung vom Auftritt dieser Briten auf
dem Maifeldderby. Hypnotisch und psychodelisch ohne dumm bekifft zu wirken.
Dieses Livegefühl findet sich auch auf der Platte, doch sind hier die Songs
erkennbarer, melodischer und zugänglicher, wie “Motoring“ zum Beispiel.
08 Yeasayer: Reagan’s Skeleton
Keine Ahnung
mehr, wo ich den aufgeschnappt habe, aber „Reagan’s Skeleton“ ist wohl mein am
meisten gehörter Song des Jahres. So manche Autofahrt zur Arbeit wurde mir von
der Vorstellung des tanzenden Skelettes des vormaligen US-Präsidenten im
Mondlicht versüßt. Was sagt das über mich, mein Geschichtsverständnis und meine
Arbeitsstätte? Keine Ahnung. Spitzensong jedenfalls.
09 Tristesse Contemporaine: Fire
Da sind sie
wieder, meine Helden des letzten Jahres. Eine EP und eine LP gab es in diesem
Jahr, das zweite Album ist sogar in Deutschland erhältlich und wurde vom
unverwüstlichen Referenz-Heftchen “Intro“ sehr wohlwollend wahrgenommen. „Da
geht noch was“, freut sich der Berufsjugendliche. Neben dem genialen “Waiting“
ist “Fire“ der nachhaltigste Song des Albums, der zeigt, dass das Konzept mit
der 80s-Flair-Elektro-Monotonie auch in 3:20 Minuten aufgehen kann.
10 Daft Punk: Giorgio By Moroder
Ja, von mir
aus ist es prätentiös, einen 9-Minuten-Song über Giorgio Moroder zu machen, in
dem der gute Hans-Jürgen (Südtiroler) erst mal in einer Art interview-Situation
selbst zu hören ist und dann eine musikalische Zeitreise von den
Synthisizer-Sounds der 70er bis in die 2000er unternommen wird. Ich finde es
genial. Bester Daft-Punk-Song… ja, ich trau mich, es zu sagen… ever.
11 Jeans Team: Scheiss drauf
„Ich bin
Künstler, kein Kellner. Ich muss nicht bedienen“. In diesem Sinne äußerten sich
Jeans Team über ihr diesjähriges Album “Alkomerz“ und ich sage: Chapeau. Denn
die Fans nicht mit einem weiteren “Keine Melodien“ oder “Cocktailständer“
glücklich zu machen, sondern mit schlimmstem
Ballermann-Kindergarten-Musik-Gedresche erst mal vor dem Kopf zu stoßen macht
durchaus Sinn, wenn man z. B. den Weg der Band Deichkind vom subversiven “Aufstand
im Schlaraffenland“ in Karlsruher Kleinclubs zum mallorcakompatiblen
Assikrawall à la “Arbeit nervt“ verfolgt. Haltet den Partypeople den Spiegel
vor - und macht Party mit denen, die furchtlos genug sind. Ich danke an dieser
Stelle, dem furchtlosen Kollegen Herr für seine Werbeoffensive für den neusten
Output unserer beiden Lieblinge. Am Ende hatte er mich so weit, dass ich dem
Titel des hier gewählten Songs entsprechend nachgab und mich – zumindest in kleinen
Dosen – für “Alkomerz“ erwärmen konnte. Oh, und übrigens auch hier ein
Spitzenvideo!
12 Junip: Your Life, Your Call
Nein, die
massiven Erwartungen, die der Vorgänger geweckt hatte, konnte Junips
2013er-Album nicht erfüllen. Im Gegenteil: mit “Walking Lightly“ scheint das
Ende der Fahnenstange des Konzeptes Folkbarde meets Moog-Elektronik erreicht.
Hier kippen sogartige Wirkung und Intensität der Songs in eine
Hare-Krishna-Lachnummer, die einen beklemmt zurücklässt. Umso wichtiger mit “Your
Life, Your Call“ noch mal einen der wirklich, wirklich guten Songs in die
Jahrescharts zu hieven.
13 Amatorski: Soldier
Die Platte,
die mit jedem Hören wächst. Gerade mal sieben Stücke hat das Album “tbc“ dieser
jungen Belgier (!), von denen aber vier, na, vielleicht sogar fünf ihren Weg
auf diese Sammlung verdient hätten. Erst sollte es tatsächlich auch “22 November“,
das aus CD-Platz-Gründen dann noch in letzter Minute gegen diesen Song
getauscht wurde. Melodisch, melancholisch, angenehm elektronisch, Musik zum Zuhören.
14 Rock Plaza
Central: Hymn For The Already Defeated
Eine
grandiose Zwei-Minuten-Hymne des Scheiterns, Titeltrack des
Super-Low-Budget-Zombiefilms “The Battery” vom diesjährigen Fantasy Filmfest.
Mein Soundtrack des Jahres.
15 Sea + Air:
Do Animals Cry?
Mit diesem
Pärchen hatte ich ja bisher so meine Probleme: das Szene-Getue, das
„Very-Berlin“-Gehabe, das Schnurrbärtchen. Allein, die Musik ist wirklich
schön, das Album sehr gelungen und “Do Animals Cry?“ überrascht am Ende mit
dynamischer Dissonanz.
16
Bloodgroup: Fall
Anders als
erwartet fahren Bloodgroup im Jahr 2013 den Elektro-Krawall runter und geben
sich wave-iger, düsterer und melancholischer. Das klappt nicht immer, aber in
“Fall“ geht das Konzept voll auf.
17 Arthur
Beatrice: Grand Union
So groß ist
mein Zutrauen in diese Band, dass ich sie gleich noch einmal auf die
Jahrescharts packe. Ein weiterer perfekter Song, dieses Mal mit männlicher
Stimme im Vordergrund. 2014 wird ihr Jahr, take my word for it.
18 Die Sonne: Es funktioniert einfach
nicht
Ja, lustig.
Wolke heißt jetzt Die Sonne. Neu ist, dass Oliver Minck und Benedikt Filleböck
jetzt einige Musiker mehr um sich scharen und der Sound so, zumindest hier,
wesentlich voller klingt. Ansonsten sind Text und Stimme schon sehr vertraut,
was mich nach meiner Vorliebe für die beiden Herren im Jahre 2012 aber eher
freut. Sollen sie sich doch nennen, wie sie wollen, und von mir aus die ganze
Wetterkarte einmal durchgehen.
19 Erdmöbel: Club der senkrecht
Begrabenen
Last Minute
Entry aus alter Gewohnheit. Und schlecht ist das ja beileibe nicht, was
Erdmöbel da im Jahr 2013 vorlegen. Die logische Fortsetzung von “Krokus“ und
letztlich, und das ist vielleicht mein Problem,
all der anderen Platten der letzten 10 Jahre. Die Feuilletons jedoch tun
einmal mehr so, als gäbe es hier etwas völlig Neues zu entdecken und schreiben
die Lobeshymnen voneinander ab, und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen darf
die Band auch auftreten: im MoMa und bei MDR-Figaro zum Beispiel, wo sie dann
auf Moderatoren treffen, die sich nicht entblöden, die Texte der Band als
„Neo-Dada“ zu bezeichnen. Aua, aua, aua. Mein Mitgefühl an alle
Beteiligten.
20 Sin Fang: What’s Wrong With Your
Eyes?
Sindri Már
Sigfússon, der Herr, der sich hinter Sin Fang verbirgt, ist auch ein Künstler
und kein Kellner. Zwei brillante Live-Auftritte durfte ich dieses Jahr mit ihm
sehen, einmal total übermüdet mit Band, einmal allein autistisch an Reglern
drehend im Vorprogramm von Múm. In beiden Fällen trat der Herr für ein, zwei
Songs zudem mit seinem Support-Act (Pascal Pinon) bzw. dem Main-Act auf. Kaum
jemand hat für mich dieses Jahr so sehr ausgestrahlt, dass er Musik lebt, daher
gebührt ihm der Abschlussplatz der diesjährigen Jahrescharts. Denn ab und an
gelingen ihm auch echte Hits wie dieser hier.
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