So war’s bei Delphic im Nachtleben in Frankfurt
Delphic sind Meister der Setlist. Wie sonst ist es zu
erklären, dass mich ihr Konzert an diesem Mittwochabend im Frankfurter
Nachtleben in solches Entzücken versetzt, nachdem in den zwei Wochen zuvor kein
Tag verging, an dem ich nicht den Kauf dieser Konzertkarte bereut hatte? Blind
und voller Vertrauen in das Schaffen dieser jungen Herren hatte ich
zugeschlagen, erst dann habe ich mich mit ihren neuen Stücken beschäftigt. Ein
Fehler, denn selten hat eine vielversprechende Band ein zweites Album so dermaßen
vergeigt wie Delphic. Nach dem meisterhaften Debüt „Acolyte“ aus dem Jahr 2010,
das alternativen Dancefloor geschickt mit Indiegitarren mischt, Hit an Hit
reiht, wie aus einem Guss klingt und nachhaltige Euphorie erzeugt, ist der
Nachfolger „Collections“, nomen es omen, eine eklektische Ansammlung von Popsongs.
Überflüssige Popsongs. Unter diesen erinnert allein die Single „Baiya“ an den
Glanz früherer Tage, und selbst hier wurde ordentlich Popweichspüler über den
Song gekippt, auf dass er im Formatradio Platz finde. Ansonsten blieb mir von
„Collections“ vor allem eine Stelle mit üblem Gerappe und eine Assoziation mit
dem indiskutablen Spät-80er-Teenie-Phänomen BVSMP im Kopf.
Auch die Voraussetzungen im Frankfurter Nachtleben sind an
diesem Abend nicht die besten. Das Newcastle Brown Ale, auf das ich mich zum
Trost schon den ganzen Nachmittag lang gefreut hatte, ist von der Karte
verschwunden. Stattdessen gibt es Warsteiner und einen deutschen Support Act.
Julius Gale ist ein höflicher, junger Mann, der live zu dünn klingender
Konservenmusik aus seinem Laptop singt. Eine Anti-Stimmungskanone, dessen
Hauptähnlichkeit zu Delphic in einer Vorliebe für elektronische Klänge sowie
einer stylish homosexuellen Optik liegt. So ist die Stimmung um kurz nach 22 Uhr,
als die britischen Hipster endlich die Bühne betreten, im Saal verhalten und
bei mir am Gefrierpunkt.
Und dann geht’s los. Zunächst bekommt man gleich mal „Baiya“
um die Ohren gehauen, das ohne Unterbrechung in den Überhit „Halcyon“ übergeht.
Volltreffer. Das Konzept von 2010, die Songs gleichsam zu einem DJ-Set
verschmelzen zu lassen wurde offenbar nicht aufgegeben. Ein erstes Aufatmen.
Auch die Indiegitarre kommt in „Halcyon“ zum Einsatz, und die Musik ist voll,
flächig und wunderbar laut. Nein, ein leibhaftiger Drummer ist durch
nichts zu ersetzen. Ob so ein umgreifender Hallensound in die
Wohnzimmeratmosphäre des Nachtleben passt, sei dahingestellt. Besorgte
Jugendliche greifen jedenfalls zum Ohrenschutz, wohl dem, der nichts zu
verlieren hat und sich in vollem Umfang auf die Reise mitnehmen lassen kann.
Denn die Überwältigungstaktik geht auf. Nach drei Songs in Folge eine kurze
Begrüßung, dann wird die Ravemaschine sofort wieder angeworfen. Die Mischung
ist geschickt. Die nichtssagenden neuen Songs sind showtauglich aufgepumpt,
bereits zur Hälfte hat man sie praktisch überstanden und Delphic besinnen sich
auf das fantastische Material der ersten Platte. Mit dem Dreiergespann „Red Lights“,
„This Momentary“ und „Doubt“ erreicht das Konzert seinen Höhepunkt. High
Energy, die nie zum dumpfen Technorave wird. Immer wieder schimmert der
Indiehintergrund durch, immer wieder zeigt sich die Verspieltheit der Elektroniktüftler,
nie wird der Wille zur Party aufgegeben. Die perfekte Mischung. Für mich
zumindest. Sogar das neue Lied, mit dem man den Set beendet, gefällt mir plötzlich.
Vielleicht muss ich das Album doch noch mal hören? Nö, eher nicht, denn im
Zugabenteil gibt es noch „Counterpoint“ und das quasiinstrumentale „Acolyte“,
beides Songs von der ersten Platte, beides Songs, bei denen die gute Stimmung
noch einmal zum euphorischen Hochgefühl wird. Noch muss ich Delphic also nicht
aufgeben. Ein gutes Gefühl.
Der eine Überhit. Besonders wenn bei 2:51 min. die Gitarre einsetzt.
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