Dienstag, 25. Dezember 2012

Königs Lieblinge - Track By Track



01 Tristesse Contemporaine: I Didn’t Know
Ein nächtlicher Spaziergang auf einer regennassen Straße. Kühl und monoton, aber mit einem Beat, der einen gefangen nimmt. Tristesse Contemporaine zitieren die guten 80er, mischen sie mit triphop-artigem Gesang und unaufdringlichen, zeitgemäßen Effekten. Der Song begleitet mich seit einem Dreivierteljahr und hat nichts von seiner hypnotischen Faszination eingebüßt.  

02 Wolke: Für immer
Oliver Minck gibt den intellektuellen Schlagersänger, bei dem man nie weiß, ob er das gerade ernst meint. Ein Balanceakt zwischen Tiefsinn und Trash, der für mich hervorragend funktioniert.

03 Die Türen: Don’t Google Yourself
Nach fünf Jahren Pause die durchdachte Wiederkehr der textlich besten deutschsprachigen Band. Eine Platte mit 60-seitigem Begleitbuch und Cover zum selbst Gestalten, Popdiskurs zum Hören und Mitmachen – ein Spagat, der sich schwierig gestaltet, da Spex-Leser ungerne mitsingen und Pop ja eigentlich tot ist. Wer frei von solchem gedanklichen Ballast ist, kann ja mal über Textzeilen wie „Man kann mich finden, also bin ich. Das muss in diesem Leben reichen“ nachdenken. Viel Spaß dabei!
 
04 Francis: Traktor
Okay, schalten wir mal einen Gang runter. Stellvertretend für all die jungen, schönen, engagierten, talentierten, unperfekten und liebenswerten Musiker, die ich in diesem Jahr vor allem im wunderbaren Offenbacher Hafen 2 sehen durfte, hier die Skandinavier Francis mit einem kleinen, sympathischen Ohrwurm. Unprätentiös und nachhaltig.
Zum Weiterhören:
 

05 Bloodgroup: Overload
Auch jung, schön, engagiert und talentiert, aber schon eine Spur professioneller. Bloodgroup mischen saftige Elektronikbeats mit cleveren Popsongs und erinnern auf angenehme Weise an die frühen Gus Gus. "Overload“ ist eine Hitsingle – zumindest für mich.

06 We Have Band: Where Are Your People?
Hype, Hype, Hype? Zurecht, zurecht, zurecht! Anfangs noch als Überbrückung der Wartezeit bis zum nächsten Metronomy-Album gesehen, entfalteten We Have Band für mich nach mehrfachem Hören ihre volle Qualität. Stilistisch breit aufgestellt, catchy bis komplex und live kompetente Rampensäue. "Where Are Your People?“ ist der perfekte Einstieg, eine weitere Hitsingle für den geneigten Hörer.

07 Breton: Edward the Confessor
Etwas brachialer geht es bei Breton zu. Muss das so übersteuert klingen? Es muss. Adoleszente Energie, die dringend raus muss und sich in – jetzt kommt’s – fetten Beats (!) ihren Weg bahnt. Atmosphärisch wie The Streets vor Mike Skinners Spielsucht. Und die tollen Videos zu vielen der Songs sollte man auch erwähnen.
Dieses hier etwa:

08 Miike Snow: Paddling Out
Ach, wie habe ich auf Album Nummer zwei gewartet. Ach, wie überproduziert und langweilig ist es letztlich geworden. "Paddling Out"  jedoch ist einfach ein Partyhit, den ich nicht schlecht finden kann. Dank an Herrn DJ Psycho Jones, der das Liedchen auf der After-Show-Party des Phonopop spielte und mir die Ohren öffnete.

09 Diagrams: Ghost Lit
Wesentlich geschmackssicherer sind jedoch Diagrams. Die markante Stimme des Ex-Tunng-Sängers Sam Genders trägt die elektronisch angehauchte Folkmusik, "Ghost Lit“ bleibt auf angenehme Weise in Ohr, Hirn und Herz hängen, und das Album "Black Light“ verfügt über eines der schönsten LP-Cover des Jahres.

10 The Miserable Rich: Ringing the Changes
Traditioneller, aber nicht weniger einprägsam sind The Miserable Rich. Handgemacht, melancholisch und intensiv; moderne Bänkelsänger, die zur Zugabe auch schon mal von der Bühne steigen und ohne Hilfsmittel inmitten des Publikums spielen.
Das kann dann so aussehen:

11 Rue Royale: Halfway Blind
Noch mehr einfach schöne Musik. Eine Platte aus einem Guss. Hat live zwar leider nicht so gezündet, fand aber dennoch sehr häufig den Weg auf den Plattenteller und die Winamp-Playlist.

12 Les Yeux Sans Visage: Oblivion
Eine weitere Hafen-2-Entdeckung. Ein Schweizer Trio, das bestimmt schon mal den ein oder anderen Joy-Division-Song gehört hat. Musik als Zeitreise.

13 Lykke Li: I Follow Rivers (The Magician Mix)
Wenn man sich 2012 einem Charthit nicht entziehen konnte, dann diesem. Im "Magcian Mix" noch eine Spur poppiger, billiger und besser.

14 Pablo Decoder: Stockholm
Wo wir gerade bei Pop sind. Und außerdem very Berlin!

15 Ecke Schönhauser: Auflösen
Aah, wunderbar. Ich liebe die nervige, quengelnde Stimme dieses Herren, der sonst bei Herpes singt und hier mit neuer Formation und Konzeptalbum eine Trennung verarbeitet. Musikalisch entsprechend ausufernder und weniger punkig, textlich manchmal hart an der Schmerzgrenze, und so faszinierend, dass es nicht beim einmaligen Hören bleibt.

16 Jacques Palminger & The Kings of Dubrock: Russkerzendisco
Der umtriebige Herr Palminger konnte mich 2012 dann doch am nachhaltigsten mit den Kings of Dubrock beeindrucken. Geschichtenerzähler und Komiker im Geiste Heino Jägers trifft Elektroniktüftler (Viktor Marek) und charismatische Allzweckfrontfrau (Rica Blunck) – welch glückliche Fügung. Da fiel die Auswahl schwer und letztlich auf „Russkerzendisco“, da dieses Stück die Zeile „Der Gang ist nur verstopft, weil es da gerade nicht weitergeht“ enthält.

17 Stabil Elite: Gold
Düsseldorf! Kraftwerk!! Jetztschonkult!!! Na ja, lassen wir die Kirche mal im Dorf. Erwartungen runterschrauben und Spaß haben an gelungenen Songs wie diesem.

18 Locas in Love: Manifest
Ein Manifest, das ich hiermit unterzeichne.

19 Die höchste Eisenbahn: Jan ist unzufrieden
Unverkennbar Francesco Wilking. Dieser ist mir 2012 einige Male begegnet: als Ansager auf dem Bootboohook, als Solosänger auf der Tapete-Labelnacht im Frankfurter Bett und eben als Die höchste Eisenbahn in Kombination mit Moritz Krämer und zwei anderen Sympathieträgern aus dem Tapete-Records-Umfeld. Kaum einer schüttelt größere Erkenntnisse so beiläufig aus dem Ärmel, vielleicht auch deshalb ein ewiger Geheimtipp.  

20 Moritz Krämer: Der kleine Spatz
Noch so ein Geschichtenerzähler, der mir im Lauf des Jahres immer mehr ans Herz gewachsen ist. Nicht immer sagt er mir etwas, aber „90 Minuten“ und „Der kleine Spatz“ sind zwei ganz große, über das Jahr 2012 hinaus bleibende Songs.




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