01 Tristesse Contemporaine: I Didn’t Know
Ein nächtlicher Spaziergang auf einer
regennassen Straße. Kühl und monoton, aber mit einem Beat, der einen gefangen
nimmt. Tristesse Contemporaine zitieren die guten 80er, mischen sie mit
triphop-artigem Gesang und unaufdringlichen, zeitgemäßen Effekten. Der Song
begleitet mich seit einem Dreivierteljahr und hat nichts von seiner
hypnotischen Faszination eingebüßt.
02 Wolke: Für immer
Oliver Minck gibt den intellektuellen
Schlagersänger, bei dem man nie weiß, ob er das gerade ernst meint. Ein
Balanceakt zwischen Tiefsinn und Trash, der für mich hervorragend funktioniert.
03 Die Türen: Don’t Google Yourself
Nach fünf Jahren Pause die durchdachte
Wiederkehr der textlich besten deutschsprachigen Band. Eine Platte mit
60-seitigem Begleitbuch und Cover zum selbst Gestalten, Popdiskurs zum Hören
und Mitmachen – ein Spagat, der sich schwierig gestaltet, da Spex-Leser ungerne
mitsingen und Pop ja eigentlich tot ist. Wer frei von solchem gedanklichen
Ballast ist, kann ja mal über Textzeilen wie „Man kann mich finden, also bin
ich. Das muss in diesem Leben reichen“ nachdenken. Viel Spaß dabei!
04 Francis: Traktor
Okay, schalten wir mal einen Gang runter.
Stellvertretend für all die jungen, schönen, engagierten, talentierten,
unperfekten und liebenswerten Musiker, die ich in diesem Jahr vor allem im
wunderbaren Offenbacher Hafen 2 sehen durfte, hier die Skandinavier Francis mit
einem kleinen, sympathischen Ohrwurm. Unprätentiös und nachhaltig.
Zum Weiterhören:
05 Bloodgroup: Overload
Auch jung, schön, engagiert und talentiert,
aber schon eine Spur professioneller. Bloodgroup mischen saftige
Elektronikbeats mit cleveren Popsongs und erinnern auf angenehme Weise an die
frühen Gus Gus. "Overload“ ist eine Hitsingle – zumindest für mich.
06 We Have Band: Where Are Your People?
Hype, Hype, Hype? Zurecht, zurecht,
zurecht! Anfangs noch als Überbrückung der Wartezeit bis zum nächsten
Metronomy-Album gesehen, entfalteten We Have Band für mich nach mehrfachem Hören ihre
volle Qualität. Stilistisch breit aufgestellt, catchy bis komplex und live
kompetente Rampensäue. "Where Are Your People?“ ist der perfekte Einstieg, eine
weitere Hitsingle für den geneigten Hörer.
07 Breton: Edward the Confessor
Etwas brachialer geht es bei Breton zu.
Muss das so übersteuert klingen? Es muss. Adoleszente Energie, die dringend
raus muss und sich in – jetzt kommt’s – fetten Beats (!) ihren Weg bahnt. Atmosphärisch
wie The Streets vor Mike Skinners Spielsucht. Und die tollen Videos zu vielen
der Songs sollte man auch erwähnen.
Dieses hier etwa:
08 Miike Snow: Paddling Out
Ach, wie habe ich auf Album Nummer zwei
gewartet. Ach, wie überproduziert und langweilig ist es letztlich geworden.
"Paddling Out" jedoch ist einfach ein Partyhit, den ich nicht schlecht finden
kann. Dank an Herrn DJ Psycho Jones, der das Liedchen auf der After-Show-Party
des Phonopop spielte und mir die Ohren öffnete.
09 Diagrams: Ghost Lit
Wesentlich geschmackssicherer sind jedoch Diagrams.
Die markante Stimme des Ex-Tunng-Sängers Sam Genders trägt die elektronisch
angehauchte Folkmusik, "Ghost Lit“ bleibt auf angenehme Weise in Ohr, Hirn und
Herz hängen, und das Album "Black Light“ verfügt über eines
der schönsten LP-Cover des Jahres.
10 The Miserable Rich: Ringing the Changes
Traditioneller, aber nicht weniger
einprägsam sind The Miserable Rich. Handgemacht, melancholisch und intensiv;
moderne Bänkelsänger, die zur Zugabe auch schon mal von der Bühne steigen und ohne
Hilfsmittel inmitten des Publikums spielen.
Das kann dann so aussehen:
11 Rue Royale: Halfway Blind
Noch mehr einfach schöne Musik. Eine Platte
aus einem Guss. Hat live zwar leider nicht so gezündet, fand aber dennoch sehr
häufig den Weg auf den Plattenteller und die Winamp-Playlist.
12 Les Yeux Sans Visage: Oblivion
Eine weitere Hafen-2-Entdeckung. Ein
Schweizer Trio, das bestimmt schon mal den ein oder anderen Joy-Division-Song gehört
hat. Musik als Zeitreise.
13 Lykke Li: I Follow Rivers (The Magician
Mix)
Wenn man sich 2012 einem Charthit nicht
entziehen konnte, dann diesem. Im "Magcian Mix" noch eine Spur poppiger, billiger
und besser.
14 Pablo Decoder: Stockholm
Wo wir gerade bei Pop sind. Und außerdem very Berlin!
15 Ecke Schönhauser: Auflösen
Aah, wunderbar. Ich liebe die nervige,
quengelnde Stimme dieses Herren, der sonst bei Herpes singt und hier mit neuer
Formation und Konzeptalbum eine Trennung verarbeitet. Musikalisch entsprechend ausufernder
und weniger punkig, textlich manchmal hart an der Schmerzgrenze, und so
faszinierend, dass es nicht beim einmaligen Hören bleibt.
16 Jacques Palminger & The Kings of Dubrock: Russkerzendisco
Der umtriebige Herr Palminger konnte mich
2012 dann doch am nachhaltigsten mit den Kings of Dubrock beeindrucken.
Geschichtenerzähler und Komiker im Geiste Heino Jägers trifft Elektroniktüftler
(Viktor Marek) und charismatische Allzweckfrontfrau (Rica Blunck) – welch glückliche Fügung. Da fiel die
Auswahl schwer und letztlich auf „Russkerzendisco“, da dieses Stück die Zeile
„Der Gang ist nur verstopft, weil es da gerade nicht weitergeht“ enthält.
17 Stabil Elite: Gold
Düsseldorf! Kraftwerk!! Jetztschonkult!!! Na
ja, lassen wir die Kirche mal im Dorf. Erwartungen runterschrauben und Spaß
haben an gelungenen Songs wie diesem.
18 Locas in Love: Manifest
Ein Manifest, das ich hiermit unterzeichne.
19 Die höchste Eisenbahn: Jan ist
unzufrieden
Unverkennbar Francesco Wilking. Dieser ist
mir 2012 einige Male begegnet: als Ansager auf dem Bootboohook, als Solosänger
auf der Tapete-Labelnacht im Frankfurter Bett und eben als Die höchste
Eisenbahn in Kombination mit Moritz Krämer und zwei anderen Sympathieträgern
aus dem Tapete-Records-Umfeld. Kaum einer schüttelt größere Erkenntnisse so
beiläufig aus dem Ärmel, vielleicht auch deshalb ein ewiger Geheimtipp.
20 Moritz Krämer: Der kleine Spatz
Noch so ein Geschichtenerzähler, der mir im
Lauf des Jahres immer mehr ans Herz gewachsen ist. Nicht immer sagt er mir
etwas, aber „90 Minuten“ und „Der kleine Spatz“ sind zwei ganz große, über das
Jahr 2012 hinaus bleibende Songs.
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