Dienstag, 17. April 2012

A million miles away


So war's bei den Tindersticks in Heidelberg

Wenn man eine gewisse Größe, ja Grandezza erreicht hat, muss man sich nicht mehr in einen Szeneclub auf eine viel zu kleine Bühne stellen, wo in Reihe drei ein sich selbst überschätzender Schwadroneur den magischen Fluss der Klänge von Stuart Staples’ Timbre mit quäkenden Tönen seiner von Gott weniger gesegneten Stimmbänder zerschneidet.

Das müssen sich die Tindersticks wohl dabei gedacht haben, als sie sich – zumindest in Heidelberg - für ein bestuhltes Hallenkonzert mit saftigen Eintrittspreisen entschieden haben. Reassuringly expensive. Qualität hat ihren Preis. Nach einer im besten Sinne interessanten Ein-Mann-Performance des sie unterstützenden Multiinstrumentalisten Thomas Belholm nimmt die Band einen mit auf eine knapp zweistündige Reise in ihren musikalischen Kosmos. Das Song-Repetoire ist dabei inzwischen so groß geworden, dass man es nicht nötig hat, auf alte Hits zurückzugreifen – zaghafte Forderungen des Publikums nach „Tiny Tears“ lösen bei Stuart Staples nur ein mildes väterliches Lächeln aus – und wenn man mal einen zu hören bekommt, dauert es eine Weile bis er sich aus dem ungewohnten Arrangement herausschält. Doch das macht nichts. Denn man wird, wie gesagt, von den Tindersticks mitgenommen und aus der eigenen profanen Alltagswelt in ihre in den besten Momenten fast schon transzendente Musik entführt. Hier spielen Hits, bekannte oder unbekannte Songs keine Rolle mehr; hier ist ein Smalltalk mit dem Publikum nicht notwendig, um ein Konzerterlebnis zu schaffen (konsequenterweise beschränkt Stuart Staples die Kommunikation mit dem Publikum auf ein höfliches „Thank You“ am Ende der Lieder). Es klingt natürlich klebrig und kitschig, wenn man sagt, dass einen diese Musik verzaubert und berührt, dass sie in einem noch lange nach dem Konzert nachhallt und dass Stuart Staples’ Stimme dem Zuhörer Gänsehaut bereitet. Aber es ist so. Tun wir einen Moment so, als hätten wir nie die verlogenen „Hammer“-Statements und Krokodilstränen der Rührung irgendwelcher Casting-Show-Juries gehört und gesehen. Diese Shows und ihre Talente, die Singen mit einem Hochleistungssport verwechseln, sind ohnehin der diametrale Gegensatz zu dem, was man an diesem Samstagabend in Heidelberg erleben durfte, und das war die pure Schönheit von Musik.

Drei Tage vorher in Hamburg. Und einer der Hits:





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