Montag, 17. September 2012

Ein deutsches Dilemma

Toke Constantin Hebbelns Film "Wir wollten auf's Meer"


Müde und relativ abgekämpft wirkt Regisseur Toke Constantin Hebbeln bei der Vorstellung seines Films „Wir wollten auf’s Meer“ in der Karlsruher Schauburg, seinem Hauptdarsteller Alexander Fehling scheint gar eine Laus über die Leber gelaufen zu sein, so schlecht gelaunt und wortkarg präsentiert er sich dem Publikum. Immerhin ist Regisseur Hebbeln recht selbstkritisch mit seinem Film, er gesteht Schwächen ein und redet recht offen über einige Unbilden der Produktion, etwa über die aufdringliche Filmmusik, die wohl nicht seine erste Wahl war, sondern die der Produzenten. Tatsächlich ist „Wir wollten auf’s Meer“ kein perfekter Film, was sehr schade ist, denn Toke Constantin Hebbeln ist bestimmt kein schlechter Regisseur. Was sein Abschlussfilm „Nimmermeer“ versprach, für den er den Studenten-Oscar gewonnen hat und den man beispielsweise auf dem Fantasy Filmfest im Jahr 2007 sehen konnte, hält sein erster Spielfilm: bestechende Bilder, großartige Ausleuchtung, ein Gespür für Erzähltempo und Stimmungen. Hebbeln scheitert jedoch an der verbreiteten Krankheit im deutschen Film, dass der Regisseur meint, auch Autor sein zu müssen. Und die Geschichte einer an den Zwängen des DDR-Systems scheiternden Freundschaft sowie seine Auseinandersetzung mit dem Thema Stasi sind angesichts solcher Filme wie „Das Leben der Anderen“ oder Christian Petzolds „Barbara“ wenig überzeugend. Zu überzogen ist die Geschichte, in der weniger das System als die Missgunst einer einzelnen Person für das fortwährende Unglück des Protagonisten verantwortlich ist. Zu überzogen und klischeehaft die Darstellung der Stasischergen durch Sylvester Groth und vor allem Rolf Hoppe, der einen wunderbaren dämonischen Alten gibt, dem Anspruch des Films auf Darstellung einer realistischen Geschichte damit aber einen Bärendienst erweist. Dazu kommt der von Fehling verkörperte Protagonist Conny, dessen Handeln nur schwer zu verstehen ist: ein anfänglicher Verrat steht im Gegensatz zu seinen hehren moralischen Ansprüchen im weiteren Verlauf der Geschichte; die Sorge um seine vietnamesische Freundin steht im Widerspruch dazu, dass er selbst sie sehenden Auges in Gefahr bringt. Nein, es ist leider kein guter Film geworden, auch wenn er gut aussieht. Ich hoffe jedoch auf versierte Drehbuchautoren, denn ich möchte unbedingt noch weitere Filme dieses sympathischen Regisseurs sehen, gerne auch ohne geschichtlichen Hintergrund und gesellschaftliche Relevanz.



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